BGM

Betriebliches Gesundheitsmanagement: ein Überblick

Von der Pflicht zur Kür

Menschen sind das wichtigste Kapital eines Unternehmens. Sie gesund zu erhalten, ist das Ziel des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Erfahren Sie hier, mit welchen Strukturen und Prozessen Unternehmen Arbeitsplätze nachhaltig gesundheitsförderlich gestalten können und wer sie dabei unterstützt.

Übersichtsdiagramm BGM (Betriebliches Gesundheitsmanagement.  Besteht aus drei Säulen, 1. Arbeits- und Gesundheitsschutz: für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Pflicht. 2. BEM (Betriebliches Eingliederungsmanagement): Arbeitgeber Pflicht, Arbeitnehmer freiwillig. 3. BGF (Betriebliche Gesundheitsförderung): Arbeitgeber und Arbeitnehmer freiwillig. Für alle drei Punkte gibt es Maßnahmen und Interventionen.

Der Arbeitsplatz beeinflusst Gesundheit und Krankheit auf verschiedene Art und Weise. Um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu sichern, ist es grundlegend, gesunde und sichere Arbeitsbedingungen aufzubauen und zu erhalten. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) basiert auf drei Säulen:

  • Arbeits- und Gesundheitsschutz
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement
  • Betriebliche Gesundheitsförderung.

Der Arbeitsschutz und das Eingliederungsmanagement sind für Arbeitgeber gesetzlich vorgeschrieben. Die Betriebliche Gesundheitsförderung ist eine freiwillige Leistung der Unternehmen. Auch Beschäftigte sind verpflichtet, ihre Gesundheit zu schützen. Sie müssen sich am Arbeitsplatz an die gesetzlichen Vorgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes halten. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement und die Betriebliche Gesundheitsförderung hingegen sind Angebote Ihres Arbeitgebers, die Sie freiwillig nutzen können.


Arbeits- und Gesundheitsschutz

Jeder Arbeitgeber hat die Pflicht, sein Unternehmen und die Arbeitsabläufe sicher zu gestalten. Die Einhaltung und Umsetzung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist daher für alle Arbeitgeber unabhängig von der Betriebsgröße rechtlich verpflichtend. Dabei sind sowohl das Arbeitsschutzgesetz als auch die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften zu beachten. All diese Vorschriften haben einen rechtsverbindlichen Charakter, an den sich auch die Beschäftigten halten müssen.

Der Arbeits- und Gesundheitsschutz zielt darauf ab:

  • Arbeitsunfälle zu verhüten.
  • die Folgen von Arbeitsunfällen durch Schutzausrüstung zu verringern.
  • die Gesundheit, z. B. beim Umgang mit Gefahrstoffen und Lärmbelastung, zu sichern.
  • besonders schützenswerte Personen wie beispielsweise werdende Mütter zu schützen.

Arbeitgeber müssen außerdem sicherstellen, dass Beschäftigte arbeitsmedizinisch betreut werden. Hierzu bestellen sie in der Regel einen Arbeitsmediziner. Ab einer Betriebsgröße von 20 Beschäftigten ist ein Arbeitsschutzausschuss einzurichten, der regelmäßig über Anliegen des Arbeitsschutzes berät. Die Aufsichtsbehörden der Länder und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung überwachen die Umsetzung des Arbeitsschutzes in Unternehmen.

Um die Gesundheit von Arbeitnehmern effektiv schützen zu können, ist es vor allem wichtig, potenzielle Risiken am Arbeitsplatz zu erkennen. Grundlage dafür ist die Gefährdungsbeurteilung. Sie zielt darauf ab, unternehmensspezifische Gefährdungen zu ermitteln und zu beurteilen. Dazu gehört es auch, psychische Belastungen zu erkennen und diesen entgegenzusteuern.

Basierend auf der Gefährdungsbeurteilung können Unternehmen zielgerichtet Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen entwickeln, die helfen Arbeitsunfälle zu vermeiden und die Gesundheit der Beschäftigten schützen. Die Gefährdungsbeurteilung sollte in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, um die Arbeitsbedingungen laufend zu verbessern.

Ein aus sechs Händen geformter Kreis.

Wer unterstützt bei der Einführung eines effizienten Arbeits- und Gesundheitsschutzes?
Bei der Gefährdungsbeurteilung berät der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Ziel des Beratungsprozesses ist es, Betriebe bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz zu unterstützen. Darüber hinaus gibt es Vorlagen und Software-Lösungen, die Arbeitgebern dabei helfen, Gefährdungsbeurteilungen systematisch und zeitsparend durchzuführen.


Beschriftete Holzstücke auf einem Tisch mit Let's work together drauf.

BEM: Betriebliches Eingliederungsmanagement

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement sorgt dafür, dass länger erkrankte Mitarbeiter wieder mit neuer Kraft und Motivation an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können. Jedes Unternehmen, unabhängig von der Beschäftigtenanzahl, ist dazu verpflichtet ein BEM einzuführen. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement klärt

  • inwieweit ein Beschäftigter, der länger als sechs Wochen im Jahr krank war, wieder arbeitsfähig ist.
  • mit welchen Hilfen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann.
  • wie der Arbeitsplatz gesichert und erhalten werden kann.

Die Verantwortung für die Durchführung des BEM liegt bei dem Arbeitgeber. Für die Beschäftigten ist die Teilnahme am Betrieblichen Eingliederungsmanagement freiwillig. Stimmt ein betroffener Arbeitnehmer einem systematischen Eingliederungsprozess zu, wird der Einzelfall zunächst genau analysiert. Es folgen Informations- und Eingliederungsgespräche mit dem Mitarbeiter, die Durchführung konkreter Maßnahmen, die zu einer Wiederaufnahme der Arbeit beitragen, sowie deren Auswertung.

Da sich die Wiedereingliederung immer am konkreten Einzelfall ausrichtet, können Inhalte und Länge der Maßnahmen stark variieren: Mal reichen wenige Schritte mit wenigen Beteiligten; mal ist der Prozess aufwändiger. Konkrete Maßnahmen sind beispielsweise die medizinische Reha, eine stufenweise Wiedereingliederung, die Anpassung des Arbeitsplatzes oder auch Weiterbildung- oder Umschulungsmaßnahmen. Im Mittelpunkt des Betrieblichen Eingliederungsmanagements steht in erster Linie die Anpassung der Arbeitsbedingungen und -organisation an die gesundheitlichen Voraussetzungen des jeweiligen Mitarbeiters.

Wer unterstützt bei der Einführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements?
In Einzelfällen kann der Betriebsarzt bei der Einrichtung eines BEM unterstützen. Liegen ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zugrunde, berät die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung. Darüber hinaus sind bei strukturellen Fragen des BEM die Präventionsdienste der Unfallversicherungsträger zuständig.

BGF: Betriebliche Gesundheitsförderung

Auch wenn es sich bei der Betrieblichen Gesundheitsförderung um ein freiwilliges Angebot des Arbeitgebers handelt, ist sie ein wesentlicher Baustein des Betrieblichen Gesundheitsmanagements.

Grundlage ist eine Erklärung der Mitglieder des Europäischen Netzwerkes für betriebliche Gesundheitsförderung. Basierend auf der Ottawa-Charte der Weltgesundheitsorganisation formuliert die Luxemburger Deklaration der EU Ziele und Inhalte betrieblicher Gesundheitsförderung.

Informations-Logo

Die Luxemburger Deklaration

Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz.

Dies kann durch eine Verknüpfung folgender Ansätze erreicht werden:
Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen
Förderung der aktiven Mitarbeiterbeteiligung
Stärkung der persönlichen Kompeten

Quelle: Luxemburger Deklaration des Europäischen Netzwerks für Betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) von 1997, zuletzt fortgeschrieben 2014.

Grundsätzlich zielt die BGF darauf ab, Fehlbelastungen abzubauen und gesundheitsförderliche Faktoren zu stärken. Sie fördert gesunde Verhaltensweisen am Arbeitsplatz und motiviert zu einem gesunden Lebensstil außerhalb des Betriebs. Maßnahmen, die sich auf die Arbeitsbedingungen beziehen, nennt man verhältnisorientierte Maßnahmen. Alles, was auf eine Veränderung des Verhaltens der Arbeitnehmer abzielt, fällt unter den Begriff Verhaltensprävention.

BGF-Maßnahmen sollten sowohl an den Verhältnissen als auch an dem Verhalten der Beschäftigten ansetzen.

  • Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen
  • Förderung der aktiven Mitarbeiterbeteiligung
  • Stärkung der persönlichen Kompetenz

Mögliche Präventionsmaßnahmen

VerhältnisorientiertVerhaltensorientiert
ErnährungGesunde
Gemeinschaftsverpflegung
Ernährungskurse
Ernährungsberatung
Bewegung/ErgonomieGesundheitsfördernde
Arbeitsplatzgestaltung
Rückenkurse
Walking
EntspannungWeiterbildung
Gesundheitsgerechte
Mitarbeiterführung
Stressbewältigung
Kurse zur Entspannung
Stressmanagement
SuchtpräventionRauchfreier Betrieb
Verbesserung des Betriebsklimas
(Mobbing, Mitarbeiterführung)
Kurse zur Tabakentwöhnung
OrganisationsgestaltungEtablierung von Gesundheitszirkeln
bauliche und organisatorische Maßnahmen zur Verbesserung von Kommunikation und Kooperation
Fort- und Weiterbildung im Bereich Organisation und Gesundheit
ArbeitsgestaltungFlexible Arbeitszeiten, ArbeitsplatzwechselFort- und Weiterbildung, z. B. Zeit- und Selbstmanagement
UnternehmenskulturLeitbild
transparente Kommunikation
Führungsleitlinien
Führungskräfteschulung
Quelle: „Unternehmen unternehmen Gesundheit.” www.bundesgesundheitsministerium.de

Generell gibt es kein Schema „F“ für einen Maßnahmenplan der Gesundheitsförderung. Jeder Betrieb hat andere gesundheitliche Herausforderungen. Zudem ist es wichtig, dass die sich die Mitarbeiter von den Maßnahmen angesprochen fühlen. Daher muss jedes Unternehmen ein eigenes Konzept entwickeln, das auf den Betrieb sowie auf die Ressourcen, Möglichkeiten und Bedürfnisse angepasst ist.

Wer unterstützt bei der Einführung einer Betrieblichen Gesundheitsförderung?
Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind gesetzlich verpflichtet, Betriebe beim Aufbau gesundheitsfördernder Strukturen zu unterstützen. Daher sind sie erster Ansprechpartner
bei der Einführung und Umsetzung von BGF-Maßnahmen. Interessierte Betriebe können sich an jede Krankenkasse ihrer Wahl wenden, bei der ein Teil ihrer Beschäftigten versichert ist.

Fazit

Büro-Team aus mehreren Mitarbeitern, die um einen Tisch herumsitzen und in die Kamera lächeln.

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement ist ein Erfolgsfaktor für jedes Unternehmen. Es leistet einen wichtigen Beitrag, um arbeitsbedingte Erkrankungen zu vermeiden und Arbeitnehmer auch über ihr Arbeitsleben hinaus möglichst lange gesund zu erhalten. Mit der systematischen Einführung und Umsetzung der drei Säulen des BGM können in einem Unternehmen viele positive Veränderungen erreicht werden.

Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes haben das Potenzial die Arbeitsbedingungen nachweislich zu verbessern. Die Zahl der Arbeitsunfälle kann so gesenkt und Berufskrankheiten vorgebeugt werden. Auch das betriebliche Eingliederungsmanagement hat sich im betrieblichen Alltag bewährt. Es ermöglicht Langzeiterkrankten den Wiedereinstieg in den Beruf und erhält Arbeitsplätze.  

Ebenso zeigen die Erfahrungen in der Betrieblichen Gesundheitsförderung: Auch wenn die BGF eine freiwillige Leistung der Unternehmen ist, sollte sie Teil der Unternehmensstrategie sein. Denn durch die Prävention von arbeitsbedingten sowie chronischen Erkrankungen lässt sich nicht nur die Gesundheit am Arbeitsplatz fördern. Sie hilft außerdem, krankheitsbedingte Kosten zu senken, die Produktivität zu steigern, die Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen sowie die Arbeitsmoral und das Arbeitsklima zu verbessern.

Daher sollten Betriebe, was das Betriebliche Gesundheitsmanagement betrifft, von der Pflicht zur Kür übergehen und in die Betriebliche Gesundheitsförderung investieren.


Das Betriebliche Gesundheitsmanagement – umfassend und systematisch eingeführt –
ist eine Investition in die Zukunft eines jeden Unternehmens.


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