Gesundheit am Arbeitsplatz,  Mehr bewegen

Die richtige Bewegung bei Rückenschmerzen

Rolle der Bewegung bei häufigen Rückenschmerzen

Nobelpreisverdächtig: die beste „Medizin“ gegen Rückenschmerzen

Menschen, die viel am Schreibtisch sitzen, haben häufig Rückenschmerzen. Das ist wenig überraschend. Denn meistens bewegen sie sich viel zu wenig oder verharren beim Sitzen über einen längeren Zeitraum in einer Fehlhaltung. Das kann zu Rückenbeschwerden führen. Lesen Sie hier, warum Bewegen das A und O für die Rückengesundheit und die beste „Medizin“ gegen einen schmerzenden Rücken ist.

Als vor rund 12.000 Jahren die Jäger- und Sammlerkulturen verschwanden und die ersten Bauern Getreide anbauten, wirkte sich der neue Lebensstil verheerend auf den Gesundheitszustand der damaligen Dorfbewohner aus.

Die kohlenhydratreiche Ernährung und die harte Feldarbeit hatten faulende Gebisse, Arthritis und eine verkürzte Lebenszeit zur Folge, so die Bioarchäologin Dr. Brenna Hassett. [1] Als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Londoner Natural History Museum untersucht sie menschliche bzw. tierische Überreste, um mehr über deren Lebens- und Todesumstände zu erfahren. Im Vergleich zu den Jägern und Sammlern war der Körperbau der ersten bäuerlichen Generation schmächtig und klein. Die Mobilität, das Zurücklegen von weiten Strecken und das freie Leben gegen Sesshaftigkeit und Landwirtschaft einzutauschen, hatte gravierende Konsequenzen für die körperliche Verfassung der Menschen.


Zum Läufer geboren

Fest steht:

Der Körper ist von Natur aus auf Bewegung ausgelegt. Bewegung entsteht, wenn die Muskeln mithilfe der Gelenke und Bänder die Knochen bewegen. Die Muskulatur, Sehnen und Gelenke ermöglichen jedoch nicht nur eine gewisse Beweglichkeit, sondern fordern sie auch ein, um gut funktionieren zu können. Aber auch die Form der Füße, das Becken, die Wirbelsäule und der Brustkorb sind auf den aufrechten Gang und das zweibeinige Laufen angepasst. Unser Kopf ist so auf den Halswirbeln positioniert, dass wir beim Gehen geradeaus blicken können. Zudem wirken Millionen Schweißdrüsen bei langanhaltender Bewegung wie ein Kühlsystem. Sie prädestinieren den Menschen für ausdauernde körperliche Betätigung wie das Laufen.

Für den Forscher Vybarr Cregan-Reid von der Universität von Kent ist Laufen etwas, was den Menschen ausmacht, und sehr natürlich ist. „Ich betrachte es mit Misstrauen, dass man es (das Laufen)  als Sport ansieht. Es sollte nicht wie einer betrieben werden. Es ist etwas, das uns als Art angeboren ist. Es ist eine Möglichkeit, mit unserer Umwelt und unseren eigenen Gedanken in Verbindung zu treten.

Es ist auch eine Möglichkeit, einige der körpereigenen Endorphine auszuschütten, eine Art legaler Rauschzustand, der im Grunde sogar gut für uns ist“, erläutert der Buchautor in einem Interview mit National Graphic.[2]

Bis zur Entwicklung einer Arbeitskultur, bei der Menschen vorwiegend sitzen, war Bewegung ganz selbstverständlich Teil des Alltags. „Doch in einer Kultur, in der wir immer mehr Zeit mit Arbeit verbringen, haben wir auch immer weniger Zeit, unseren Körpern die Bewegung zu verschaffen, nach der sie sich sehnen“, charakterisiert der irische Wissenschaftler unseren heutigen Lebensstil.


Gesund zu leben, heißt sich bewegen

Unbestritten ist, dass für ein gesundes Leben ein gewisses Maß an Bewegung notwendig ist. Denn nicht nur Rückenschmerzen und Muskelskeletterkrankungen sind auf Bewegungsmangel zurückzuführen. Auch bei Diabetes und Störungen des Fettstoffwechsels begünstigt fehlende Bewegung das Entstehen dieser Erkrankungen. Wer sich ausreichend bewegt, schützt seine Gesundheit in vielerlei Hinsicht.

Körperliche Betätigung aktiviert das Herz-Kreislauf-System und versorgt die Muskeln mit Nährstoffen und Sauerstoff. Das wirkt sich positiv auf den gesamten Körper aus. Bewegung regt den Stoffwechsel an und senkt das Risiko für Bluthochdruck, Diabetes oder Rückenschmerzen.

Regelmäßige körperliche Bewegung eigne sich ideal zur Prävention von Rückenschmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Krebserkrankungen, Osteoporose, Übergewicht, Stress und Burnout, so Sportwissenschaftler.

Inzwischen ist auch wissenschaftlich untersucht, wie viel Bewegung nötig ist, um langes Sitzen z. B. am Arbeitsplatz auszugleichen. Eine kardiologische Studie kommt beispielsweise zu dem Schluss, dass fünf Stunden körperliche Bewegung pro Woche erforderlich sind, um ein tägliches Sitzen von acht und mehr Stunden zu kompensieren. Weiterhin zeigte die Untersuchung, dass mehr als acht Stunden Sitzen ohne Sport als Ausgleich das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um rund 80 Prozent erhöht.[3] Um den Rücken effektiv und gesundheitsorientiert zu kräftigen, sollte man zwei bis drei Mal pro Woche trainieren.



Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu körperlicher Bewegung

  • Erwachsene im Alter von 18–64 Jahren sollten sich pro Woche mindestens 150 Minuten moderat oder 75 Minuten intensiv bewegen, wobei beide Aktivitätsformen auch gemischt werden können.
  • Moderate körperliche Aktivität umfasst dabei Sport mit 50 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz, bei dem man sich noch unterhalten kann.
  • Intensive körperliche Aktivität liegt im Bereich von 70 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz, z. B. Joggen oder schnelles Radfahren. Eine Unterhaltung ist dabei im Regelfall nicht mehr möglich.
  • Die Länge der Sporteinheiten sollte mindestens zehn Minuten betragen.
  • Muskelaufbautraining sollte an mindestens zwei Tagen pro Woche durchgeführt werden.

Rückenschmerzen: Sport als Heilmittel

Programmiert auf Bewegung zu sein, ist für den Menschen Pflicht und Chance zugleich. Viele Untersuchungen zeigen: Sport und Bewegung sind ein Allzweckmittel gegen zahlreiche Krankheiten und in seinem Wirksamkeitsspektrum vielen Medikamenten überlegen. Durch körperliche Aktivität lassen sich unzählige positive Gesundheitseffekte erzielen.

Auch die Wirksamkeit von Bewegungstherapien bei Rückenschmerzen ist inzwischen gut erforscht. Selbst wenn Bewegung Rückenschmerzen nicht immer völlig zum Verschwinden bringen kann, so lindert sie oft die Beschwerden und verbessert die allgemeine Fitness und Beweglichkeit.

Trotz Rückenschmerzen aktiv zu sein, fällt vielen Betroffenen oft schwer. Manche haben Angst, sich zu bewegen. Sie fürchten, dass sich die Rückenbeschwerden dadurch noch verstärken. Bei unspezifischen Rückenschmerzen ist das jedoch nicht der Fall. Sie entstehen in der Regel durch Fehlbelastungen und einseitige oder mangelnde Bewegung. Das beste Gegenmittel ist es, sich zu bewegen.


Bewegungsprogramme gegen Rückenschmerzen

Anregungen, wie Sie bei einem empfindlichen Rücken durch ein bewusstes Training Schmerzen umgehen oder reduzieren können, gibt es viele. Kräftigen und stabilisieren Sie insbesondere die tiefe Bauch-, Rücken- und Beckenmuskulatur durch spezielle Übungsprogramme. Mit Pilates können Sie gezielt die tiefe Rumpfmuskulatur trainieren. Beim Yoga werden verschiedene Positionen eingenommen oder Bewegungsfolgen geübt, die Kraft und Beweglichkeit, Körpergefühl und -haltung fördern. Oder gehen Sie gerne spazieren? Einige Studien deuten darauf hin, dass selbst regelmäßige Spaziergänge oder Walking gegen Rückenschmerzen helfen – zum Beispiel jeden zweiten Tag für 30 bis 60 Minuten.

Wer unter Rückenbeschwerden leidet, sollte hingegen auf Bodybuilding und Gewichtheben verzichten. Auch Sportarten, für deren Ausführung eine Überstreckung der Wirbelsäule, abrupte Bewegungsabläufe oder schnelle Drehbewegungen des Rumpfes notwendig sind, sollte man meiden. Dazu gehören beispielsweise die klassischen Ballsportarten, aber auch Golf, Tennis und Brust- oder Delfinschwimmen.


Unser Tipp:
RV-Fit ist ein kostenfreies Trainingsprogramm der Deutschen Rentenversicherung für Berufstätige mit gelegentlichen Rückenschmerzen. Es enthält Elemente zu Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung für ein ganzheitlich verbessertes Lebensgefühl. Weitere Informationen unter www.rv-fit.de


[1] https://www.arte.tv/de/videos/071465-001-A/die-geburt-der-zivilisation/

[2] https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2017/08/wir-sind-zum-laufen-geboren-aber-wir-machen-es-falsch

[3] https://www.aerzteblatt.de/archiv/209444/Sport-als-Praevention-Fakten-und-Zahlen-fuer-das-individuelle-Mass-an-Bewegung

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